Das Mädchen ohne Gesicht by Hoag Tami

Das Mädchen ohne Gesicht by Hoag Tami

Autor:Hoag, Tami
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00


KAPITEL 25

Kasselmann war der König der Presseauftritte. Er hatte genau das richtige Aussehen: kräftig wie ein Bulle, ernst wie ein Bestattungsunternehmer, eine gepflegte Erscheinung. Er besaß genau die richtige autoritäre Stimme. Er drückte sich klar und präzise aus.

Kovac sah es sich auf dem Fernseher im Besprechungsraum an. Er konnte darauf verzichten, von Reportern gelöchert zu werden. Sie stellten immer wieder dieselben dummen Fragen. Den Platz auf dem Podium überließ er mit Freuden Kasselmann.

Neben dem Captain stand Julia Gray und blickte verwirrt in die Kameras. Sie war so bleich wie ein Gespenst und der blaue Fleck auf ihrer Wange war trotz ihres Versuchs, ihn unter geschickt frisierten Haaren zu verbergen, deutlich zu sehen. Als sie mit ihrem Aufruf an die Öffentlichkeit an der Reihe war, sah es einen Moment lang so aus, als würde sie gar nichts sagen. Sie starrte auf das Podium und schien in Gedanken ganz woanders zu sein.

Kovac fragte sich, ob ihr der gute Dr. Warner etwas zur Beruhigung gegeben hatte. Wahrscheinlich – und dagegen war auch nichts einzuwenden. Er hatte in seinem Leben mit genug Entführungsfällen zu tun gehabt, um zu wissen, unter was für einem Druck die Eltern standen. Sie mussten eine furchtbare Mischung aus Angst, Wut, Ungewissheit und Schuld aushalten. Was hätten sie tun können, um das Grauen zu verhindern? Warum hatte ihr Kind nicht vorsichtiger sein können, weniger eigensinnig? Was passierte gerade mit ihrem Kind? War es noch am Leben oder schon tot, hatte es Angst oder Schmerzen?

Neben Kovac stand John Quinn und sah mit verschränkten Armen und nachdenklich gerunzelter Stirn zu, wie Julia Gray sich schließlich zusammenriss und mit den üblichen Worten um die Rückkehr ihrer Tochter bat oder um Hinweise, die dazu beitragen könnten, ihr Verschwinden zu klären.

Falls das Leben von John Quinn jemals verfilmt werden würde, wäre George Clooney die erste Wahl für seine Rolle. Quinn hatte dieses gewisse Etwas – dunkle Haare mit grauen Strähnen, dunkle Augen, ein markantes Kinn. Jeder Mann wäre gern so gewesen wie er und jede Frau geriet bei ihm ins Schwärmen. Er nutzte all das zu seinem Vorteil, wenn es ging, aber er verließ sich nicht darauf. Er hatte einen scharfen Verstand und er beherrschte seinen Job vermutlich besser als jeder andere auf diesem Gebiet.

»Was ist mit ihrem Gesicht passiert?«, fragte er, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden.

»Sie behauptet, sie sei auf dem Eis ausgerutscht«, sagte Elwood. »Dabei habe sie sich auch das Handgelenk verstaucht.«

»Womit verdient sie ihr Geld?«

»Sie ist Pharmareferentin.«

»Wo ist der Ehemann?«

»Sie sind seit vier Jahren geschieden. Er ist Kieferchirurg. Inzwischen ist er wieder verheiratet, mit einer jüngeren Frau, die früher in seiner Praxis gearbeitet hat.«

»Und Mom hat eine Beziehung mit einem Seelenklempner«, sagte Kovac.

»Wie ist er?«

»Der typische Seelenklempner. Weiß alles, kann alles und redet mit anderen so, als wären sie debil. Schlingt sich seinen Pullover um die Schultern«, sagte Kovac verächtlich.

»Ich hab ihn gegoogelt«, sagte Elwood. »Wie es scheint, ist er hier in der Gegend ziemlich bekannt.«

Kovac runzelte die Stirn. »Ich hab noch nie was von ihm gehört.«

»Weil du keinen Kontakt zur Außenwelt hast«, erklärte Elwood.



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